Wenn man den Begriff Fantasy als Genre hört, denken wohl die meisten direkt an die klassischen Titel dieses Genres wie Der Herr der Ringe oder Das Lied von Eis und Feuer/Game of Thrones. Doch nicht wenige Autoren lassen ihre magischen und mysteriösen Geschichten in der realen Welt spielen, von J. K. Rowling bis Stephen King. Aber wieso macht es eine Geschichte interessant, wenn sie in der echten Welt spielt? Welche Vorteile bringt es mit sich, die Realität mit Magie zu fluten?
Wieso keine eigene Welt?
Der große Vorteil: Es muss weniger Aufwand betrieben werden. Der Autor oder die Autorin muss nicht eine ganze Welt dafür kreieren, um seine oder ihre Geschichte zu erzählen, die meisten brauchen nicht einmal eine komplett neue Welt, um zu funktionieren. Die Arbeit von Tolkien, dem Vater der modernen Fantasie, zeigt gut, weshalb so etwas keine Kleinigkeit ist. Er hat sich eine Welt mit all ihren geografischen Merkmalen ausgedacht, Völker dort angesiedelt, diesen eine Geschichte, Kultur und Sprache gegeben. Mittelerde hat eigene Götter, eigene Traditionen, eigene Politik. Und obwohl man an so viel denkt, gibt es immer etwas, was von Menschen kritisiert wird, weil es nicht realistisch ist. Manchmal ist die Wirklichkeit, geformt von Gottes Hand, einfach besser, als das Gedankengebilde, geformt durch die Hand von Gottes Geschöpf.
Das Fassbare und das Unfassbare
Durch die Vertrautheit der Wirklichkeit muss ein Autor oft nicht erklären, was gemeint ist. Jeder weiß, was ein Handy ist, wo London liegt oder dass Besen nicht fliegen können. Wenn ein Autor die von uns gewohnte Realität verschiebt, wird über die Geschichte hinaus, auch in der Wirklichkeit, etwas Magisches aufgebaut. Innere Wünsche und Träume werden entfacht, die uns aus unserem Leben ausbrechen lassen würden. Vielleicht erhält man einen Brief von einer Zauberschule, vielleicht findet man auf dem Apple, den man sich gebraucht gekauft hat, eine geheime Botschaft oder vielleicht leben Kreaturen unter uns, die sich verborgen halten.
Früher, als noch große Teile der Welt unentdeckt waren, konnten die Menschen ihrer Vorstellung freien Lauf lassen, was sich dort im Unbekannten hinter Wüsten und Ozeanen verbirgt. Die Welt außerhalb der eigenen Sphäre des Bekannten war mysteriös und exotisch. Doch die Welt für uns heute ist kleiner geworden und vertrauter. Wir wissen, dass jenseits des Atlantiks die Neue Welt liegt und jenseits der Sahara Länder, die nur halb so reich sind wie wir. Der Schleier des Mysteriums, den die Welt in den letzten Jahrhunderten verloren hat, wird ihr aber durch Fantasy-Geschichten erneut aufgesetzt, wenn auch als Illusion.
Die Beliebtheit von Fantasy in der Realität zeigt vor allem zwei Dinge:
Zum einen zeigt sich hier ein Teil der menschlichen Natur. Wir sind neugierig auf Dinge, die wir nicht wissen. Was gibt es an Unbekanntem, was liegt außerhalb unserer Wahrnehmung, was könnte es geben, das uns nicht auffällt?
Zum anderen wollen die Menschen gerne an etwas Übernatürliches glauben. Es soll mehr als nur diese nüchterne und manchmal auch grausame Realität geben, sei es Magie, Schicksal oder Mysterium, sei es auch nur für den Moment, sei es auch nur in unserem Kopf.